Inbetriebnahmehandbuch – das gehört rein
Organisation in der Inbetriebnahmephase eines Gebäudes ist das A und O
Vor kurzem war ich als Qualitätssicherung in einer Leistungsphase 3 bei einer Sichtung der Planung der Gebäudautomation. Natürlich denke ich hier immer gewerkeübergreifend und Themen wie Inbetriebnahmemanagement, Brandfallsteuerung und -matrix sowie Organisation der Wirk-Prinzip-Prüfung sind dabei stets fundamental. Ich fragte: „Wo sind denn die Unterlagen und Konzepte für diese Themen.“ Die Antwort auf der anderen Tischseite war natürlich: „Wozu brauchen wir das? Wir bauen erstmal und die Inbetriebnahme der Anlagen haben doch die ausführenden Firmen im Auftrag?!?“
Gerne vergessen: das Inbetriebnahmekonzept
Die Problematik, die der überfliegende Projektmanager meist ohne Ausbildung in der Gebäudetechnik natürlich nicht sieht, ist, dass heutige Gebäude immer komplexer werden. Der prozentuale Anteil der Kosten der Gebäudetechnik wird auf die Gesamtprojektsumme gesehen immer größer. Das Gebäude wird durch die vielen Funktionen wie Raumautomation usw. immer komfortabler und andererseits durch sicherheitstechnische Anforderungen z. B. aus dem Technischen Brandschutz immer umfassender. Daher ist es umso sinnvoller bereits im Vorfeld während der Phase der Entwurfsplanung ein Inbetriebnahmekonzept zu entwickeln – was übrigens auch die VDI 6039 empfiehlt – und entsprechend fortzuschreiben. Schließlich müssen vor allem auch gewerkeübergreifende Inbetriebnahmeprozesse geplant und später ausgeschrieben werden. Daher haben wir hier eine Übersicht konzipiert, welche Inhalte ein Inbetriebnahmehandbuch haben sollte.
Die wichtigsten Inhalte eines Inbetriebnahmehandbuchs
- Besprechungswesen
Hier wird beschrieben, welche Jour Fixe notwendig sind, welche Teilnehmer unbedingt teilnehmen müssen und welche Ziele diese haben. Dabei empfiehlt sich die entsprechenden Themen mit den passenden Personen zu besetzen. Wir empfehlen jeweils einen Jour Fixe für die Themen: Inbetriebnahme/-management, Brandfallsteuermatrix und einen mit den Sachverständigen.
- Ablaufpläne
Sie kennen es bestimmt: Jeder Terminplan der veröffentlicht wird, ist bald wieder überholt oder bei der Veröffentlichung veraltet. Daher empfehlen wir Ablaufpläne. U. a. können diese aus dem Rahmenterminplan und Detailterminplänen abgebildet werden. Weiterhin empfiehlt sich ein Anlagenterminplan auf Basis der Anlagenliste, der den Fortschritt einer Anlage vom eigentlichen Bau bis hin zur gewerkeübergreifenden Inbetriebnahme, Abnahme und Übergabe darstellt. So haben Sie stets ein Tool, für eine umfassende Übersicht. Wenn Sie dann noch Excel als Basis-Tool für Ihren Anlagenterminplan verwenden, macht sogar das „Terminplan-Bearbeiten“ Spaß!
- Gewerkebeziehungsmatrix
Die Gewerkebeziehungsmatrix, angelehnt an die VDI 6039, zeigt eine Übersicht der Gewerke zueinander auf. Somit kann eindeutig erkannt werden, welche Gewerke miteinander zusammenarbeiten müssen.
- Schnittstellenkatalog
Im Schnittstellenkatalog werden die Zuständigkeiten der Planungs- und Bauphase dargestellt. Somit sind die Zuständigkeiten, der Leistungsumfang und die Leistungsabgrenzungen eindeutig geregelt. Weiterhin können Beauftragungslücken erkannt werden.
- Inbetriebnahmeprozess
Hier geht es um dieBeschreibung des Inbetriebnahmekonzepts mit ausformulierten einzelnen Prozessschritten für die sicherheitsgerichteten Anlagen (Anlagen nach TPrüfVO) und Komfortanlagen. Weiterhin sollte dargestellt werden, wie die einzelnen Prozessschritte und Inbetriebnahmestufen vom Bau der Anlagen bis hin zur Wirkprinzipprüfung, Abnahme und Übergabe erfolgen.
- Beschreibung der Leistungspositionen
Für alle gewerkeübergreifenden Inbetriebnahmen, Prozesse und Tests werden in den einzelnen Leistungsverzeichnissen der ausführenden Firmen Positionen zur Abrechnung benötigt. Diese sind zu beschreiben und gegeneinander zu den gewerkeinternen Inbetriebnahmen und Tests abzugrenzen.
- Beschreibung der Funktionsprüfungen
Es ist darzustellen, welche gewerkeinternen und welche gewerkeübergreifenden Funktionsprüfungen durchzuführen sind und wie diese nachgewiesen und getestet werden. Außerdem sollte festgelegt werden, wann diese terminlich stattfinden.
- Probebetrieb, Schulung, Einweisung
Hier ist der Probebetrieb zu planen und die weiteren Details wie die Schulungen, Einweisungen und Übergaben im Einzelnen an den späteren Betreiber erfolgen soll. Auch gilt es diese für die gewerkeweise Funktionen zu kontrollieren und für die gewerkeübergreifenden Funktionen durchzuführen.
- Leistungs-und Funktionsmessungen
Für die einzelnen oder auch gewerkeübergreifenden Funktionen des Gebäudes sind Leistungs- und Funktionsmessungen zu planen und durchzuführen. Es muss beschrieben werden, wie dies gemacht werden soll und wie die Vorgehensweise im Detail ist.
- Sachverständigenabnahme
Es muss beschrieben sein, wie die gewerkeinternen und gewerkeübergreifenden Sicht- und Funktionsprüfungen der Sachverständigen durchgeführt werden. Diese müssen entsprechend terminiert und begleitet werden.
- Mängelbeseitigung
Es ist darzustellen, wie die Mängelbeseitigung für das komplette Projekt sichergestellt wird und diese durchgeführt werden soll. Dies gilt insbesondere für funktionale Mängel aus der gewerkeinternen und gewerkeübergreifenden Inbtriebnahme.
- Dokumentation
Es ist darzustellen, wie aus einer Einzeldokumentation eine Gesamtdokumentation für das komplette Projekt wird und wer wann welche Dokumente wie einzureichen, zu prüfen oder zusammenzustellen hat, sodass diese dann dem Auftraggeber gesammelt übergeben werden können.
Denken Sie immer daran: Bei einem Projekt ohne Inbetriebnahmehandbuch/-konzept eines gewerkeübergreifenden und vollumfassenden Inbetriebnahmemanagements, das ein Projekt zum Ziel führt, sind viele Schnittstellen, Aufgaben und Themen einfach ungeklärt. Zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme wurschteln alle vor sich hin und fertig wird trotzdem nichts. Lassen Sie es nicht so weit kommen – rufen Sie uns an.
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