Keiner weiß, was er will, aber einen Einzugstermin gibt es schon – der Weg über die Bedarfsplanung zum erfolgreichen Projekt
Es ist immer wieder herrlich, was für Anfragen bei uns reinkommen: „Herr Potz, wir brauchen eine Planung Gebäudeautomation.“ Das ist schön. Aber auf meine Fragen, welche Anlagen es gibt, welche evtl. schon umgebaut wurden und was das Ziel sein soll, – smart, halbsmart, altmodisch ;-) oder irgendwie so wie immer – gab es keine Antworten, nicht einmal, ob es Energieeffizienzklasse A, B, C oder D haben soll. Eine Vorgabe gab es allerdings – es muss schnell gehen, da die Kisten für den Einzug schon gepackt sind …
Wenn in einem Projekt die Leistungsphase 0 fehlt
Immer wieder kommt es vor, dass wir eine Planung machen sollen, aber das berühmte Lastenheft des Bauherrn fehlt, in welchem er beschreibt, was er haben möchte, was das Ziel ist und das uns als Grundlage für die Planung dient. Dabei machen es einem die aktuellen Normen so einfach wie nur irgend möglich. Beispielsweise mit der DIN 18205. Ich zitiere Wikipedia: „Die DIN 18205 befasst sich mit der Bedarfsplanung im Bauwesen und wird seit dem Jahr 1996 veröffentlicht. Sie beschreibt die ‚methodische Ermittlung der Bedürfnisse von Bauherrn und Nutzern, deren zielgerichtete Aufbereitung als Bedarf und dessen Umsetzung in bauliche Anforderungen‘. In der DIN 18205 werden die einzelnen Aspekte der Bedarfsplanung in fünf aufeinander aufbauende Prozessschritte gegliedert. Im Anhang der Norm sind Checklisten enthalten, die es ermöglichen, die Anforderungen nach ihrer Vollständigkeit zu kontrollieren.“
Ebenso die VDI 3814. Ich zitiere wieder: „Die VDI-Richtlinie beschreibt in mehreren Blättern den Stand der Technik bei Planung und Errichtung von Gebäudeautomation. Das erste Blatt dieser Richtlinie erschien 1977. Unter dem Haupttitel ‚Gebäudeautomation (GA)‘ beschreiben die aktuellen Blätter: Anforderungen an Einrichtungen, Software und Dienstleistungen, Darstellungsmöglichkeiten für Aufgaben zur automatischen Steuerung und Regelung, Überwachung, Optimierung und Bedienung und das Management der Technischen Gebäudeausrüstung. In den letzten Jahrzehnten wurde die Richtlinie laufend erweitert und Teile daraus in die weltweit gültige Norm ISO 16484 übernommen.“
Doch wie sieht die Praxis aus Der Bauherr mit seinem Projektsteuerer versuchen in manchen Projekten etwas niederzuschreiben und mir bleiben dann nur 2 Möglichkeiten: Rätselraten oder ausgesprochen zeitintensiv die entsprechenden Personen ausfragen bzw. ihnen dann meine Vorschläge schmackhaft machen. Nur ist das eben vor der Planung zu klären und nicht während der Planungsphase. Ganz nach dem Motto: „Wenn jemand nicht weiß was er will, dann bekommt er entweder irgendwas oder das was der andere meint oder das was er duldet.“
Was wir als Planer Gebäudeautomation benötigen: Am Beispiel der Gebäudeautomations-Effizienzklassen gezeigt
Es gibt Gebäudeautomations-Effizienzklassen, die unterschieden werden in A, B, C und D. Diese sind in der EN 15232 definiert und beschreiben ganz genau, welche Funktionen ein Gebäude haben soll. Diese GA-Effizienzklassen sind in der EN 15232 wie folgt festgelegt:
- Klasse A: hoch energieeffizientes Gebäudeautomationssystem (GA-System) ...
- Klasse B: erweitertes GA-System und einige spezielle TGM-Funktionen.
- Klasse C: Standard GA-System.
- Klasse D: GA-System, das nicht energieeffizient ist.
Plant nun der Bauherr ein Gebäude oder die Sanierung eines Gebäudes, ist es für mich schon mal unglaublich hilfreich, wenn er weiß, welche Energieeffizienzklasse gewünscht ist. Sie wünschen Klasse A? Dann habe ich als Planer zumindest schon einmal eine Vorstellung, was ich zu tun habe und Sie hoffentlich, was Sie erwarten können, wie z. B.
- Raumautomation mit Kommunikation zwischen den Reglern und dem Erzeuger
- Temperaturen für Vorlauf/Rücklauf sowie Erzeuger bedarfsgeführt (Präsenz, Last, Zeit)
- Umwälzpumpen differenzdruckgeregelt
- Prioritätensetzung und Verriegelung zwischen den Erzeugern
- Regelung von Volumen/Temperatur/Feuchte bedarfsgeführt (u. a. CO2, Präsenz)
- Vermeidung von Überhitzung und Vereisung
- Freie Kühlung (Nutzung kühler Außenluft)
- Automatische Ein- und Ausschaltfunktionen bei der Beleuchtung und Verschattung (u. a. basierend auf Tageslicht, Präsenz, Temperatur)
- Automatische Optimierung der Betriebsparameter der TGA
- Automatische Erfassung und Auswertung vom Energieverbrauch
- Automatische Erfassung und Meldung von Fehlermeldungen/Betriebsstörungen
Damit haben Sie die aktuelle Königsklasse – auch wenn es noch sehr coole andere Eigenschaften gibt, um tolle Funktionen und einen perfekten Anlagenbetrieb hinzubekommen.
Wenn Sie jedoch günstiger investieren und nur GA-Effizienzklasse C bauen möchten, dann benötigen Sie nach aktuellen Studien ca. 8-13 % mehr Energie (Unterschied zwischen Klasse A und C) und das Jahr für Jahr. Natürlich lässt sich das nicht so pauschal sagen, es gibt aber eine Richtung bzw. Tendenz vor.
Wenn Sie jedoch keine Vorgaben machen, dann bekommen Sie irgendwas … eventuell auch vom letzten Projekt kopiert ;-) – im besten Fall ist dann der Plankopf geändert.
Besser nichts dem Zufall überlassen
Sie möchten, dass Ihre Wünsche in die Tat umgesetzt werden – ich möchte, dass wir eine Top-Planung erstellen können. Wenn der Bauherr jedoch nicht weiß, was er eigentlich will und mir entsprechend in der Leistungsphase 0 oder Projektvorbereitungsphase keine entsprechenden Informationen gibt, wird´s gelinde gesagt schwierig das Ziel des Projekts zu erfüllen. Ganz zu schweigen, dass dann jede Änderung Zeit- und Kostenintensiv ist. Daher – erst denken, dann planen, dann umsetzen und erst dann – wirklich erst dann – den Einzugstermin anvisieren.
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