Kein Planer koordiniert alle Schnittstellen über alle Gewerke hinweg
Folgendes Szenario: Der Bauherr beauftragt einen Architekten, einen Tragwerksplaner, einen Energieberater, einen Fachplaner für TGA Mechanik und einen Fachplaner für TGA Elektrotechnik. So weit, so gut. dabei tritt im Laufe der Zusammenarbeit jedoch ein Problem auf: Jeder denkt einzeln, denkt an seine naheliegenden Schnittstellen aber meist nicht gewerkeübergreifend. Wozu auch? Schließlich sind sie nur für die Koordination von ihrem eigenen Gewerk zu den anderen Gewerken beauftragt, jedoch ist meist keiner für die gewerkeübergreifende Koordination beauftragt – und wenn Sie es beim Architekten beauftragt haben – ich kenne keinen der dies kann…
Arten von Schnittstellen
Es gibt eine große Anzahl von Schnittstellen auf einer Großbaustelle – diese fangen im Kleinen an, z. B. bei den Gewerken RLT und Heizung, gehen weiter über Gebäudeautomation, die RLT-Anlagen oder der einfachen Frage: wer liefert den Reparaturschalter? – und gehen dann weiter bis zur Königsdisziplin der Türen, wo sich dann auch mal 12 Gewerke oder mehr abzustimmen haben. Tatsächlich schaffen es Planer dann, dass sie nicht Türtypen mit ähnlicher Konfiguration zu einem Typ definieren, sondern vielmehr, dass jede Tür andere Konfigurationen und auch andere Schnittstellen hat, z. B. im Bereich der Zugangskontrolle, Gebäudefunktionssteuerung, Nachströmung für die Entrauchung usw. Eine Tür bedeutet nicht einfach nur auf und zu, sondern kann auch viele Schnittstellen bzw. viele Funktionen haben.
Auch in der Gebäudeplanung wird alles immer digitaler und immer neuere Methoden wie etwa BIM kommen auf den Markt und etablieren sich rasant. Nur ist die Umsetzung dieser immer noch fehlerhaft – und wir haben nicht Bauen 4.0, sondern Bauen 1.0. Am Beispiel der Tür, ist immer die Funktion in Ordnung, bei der die Inbetriebnahme deren Funktion als letzte getestet hat und die entsprechende Firma als letzte an der Schnittstelle zur Tür war. Ich habe gerade die spannende Aufgabe für ein Großprojekt Schnittstellenlisten zu erstellen und wirklich alle Gewerke zu koordinieren. Es ist wahrlich nicht einfach, zumal es auch einiger Erfahrung bedarf, denn sonst erzählen einem die Architekten, dass für eine RWA der Antrieb von seitens Gewerk Elektro geliefert wird. Das Ergebnis wäre eine RWA mit Zulassung im Einzelfall, da die RWA mit Antrieb immer als System zugelassen sein muss, weil sie eine sicherheitsgerichtete Funktion beinhaltet. Alleine die zwei Gewerke RWA und Türen zeigen beispielhaft, dass es viel Expertenwissen bedarf – und am besten Experten, die aus der Praxis kommen und nicht die Theorie diskutieren. Am Ende fallen in der gewerkeübergreifenden Inbetriebnahmephase alle Fehler auf und müssen aufwendig mit Nachträgen umgebaut werden.
Mein Tipp:
Nehmen Sie sich einen neutralen Planer Gebäudeautomation oder Inbetriebnahmemanager, der die Schnittstellen koordiniert und die Leistungsverzeichnisse prüft, bevor diese vergeben werden. Dieser Koordinator oder auch integraler Planer genannt, sollte sich mit den Schnittstellen in folgenden Gewerken auskennen – Fragen Sie ihn einfach danach, hier ein Auszug aus den häufigsten Gewerken:
- Gebäudeautomation einschließlich sicherheitsgerichteter Steuerungen
- Brandmeldeanlagen
- Raumlufttechnische Anlagen
- Heizungs-Anlagen
- Kälte-Anlagen
- Sanitär-Anlagen
- Sprinkler-Anlagen
- Netzwerktechnik
- Zutrittskontrollsysteme
- Tür-, Tor-, Rauchschutzanlagen
- Aufzugs- und Förderanlagen
- Elektroakustische Notfallwarnsysteme
- Gebäudefunktionssteuerung
- Lichtsteuerungssysteme
- Sicherheitsbeleuchtungssysteme
- Rauch- und Wärmeabzugsanlagen
- Rauchdruckanlagen
- Spüllüftungsanlagen
- Mittel- und Niederspannungsschaltanlagen
- BOS-Funkanlagen
Gebäude werden technisch immer komplexer mit immer mehr Schnittstellen zwischen allen Gewerken – wer das nicht plant oder im Vorfeld koordiniert, der kommt spätestens während der gewerkeübergreifenden Inbetriebnahme in Teufels Küche, da dann nichts zueinander passt.
Lassen Sie es nicht darauf ankommen. Sorgen Sie vor. Lassen Sie uns darüber sprechen.
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