Gebäude fertig, aber Schnittstellen nicht koordiniert?
Grundsätzlich schuldet der Architekt oder Generalplaner einen Werkerfolg (und fast immer ist er damit beauftragt). Im Hinblick darauf obliegt dem Architekten also eine sogenannte Koordinierungspflicht. Ist das Bauvorhaben größer, kommt noch die Projektsteuerung ins Spiel und die Leistungen sind entsprechend abzugrenzen. Aber jetzt mal unter uns: Haben Sie schon einmal einen Generalplaner – meist bestückt mit Architekten oder Bauingenieuren – oder einen Projektsteuerer gesehen, der alle Schnittstellen koordinieren kann?
Es gibt viele Schnittstellen am Bau. Neulich sind wir bei einem Projekt gefragt worden, ob wir beim Thema Schnittstellen mal Licht ins Dunkel bringen können. Es gab dort eine Schnittstellenliste Inbetriebnahme, eine Schnittstellenliste Gebäudeautomation mit den TGA-Gewerken und für die baulichen Schnittstellenprobleme wurde uns gesagt: „Steht alles in den Plänen!“ Also haben wir uns die ganzen Unterlagen vorgenommen und noch zig ungeklärte Schnittstellen gefunden, von der Elektrotechnik zu RWA’s, Türen, Zugangskontrolle usw. usw.
Alles greift ineinander
Es gibt verschiedenste Gewerke, Technologien, ausführende Firmen, Planer und tausende von Schnittstellen. Wir betrachten hier einmal nur die technischen Schnittstellen. Vertragliche, kaufmännische, nutzerspezifische Schnittstellen usw. gibt es selbstverständlich auch noch. Die Zeiten von einfachen Anlagen, ein paar Gewerken die halt irgendwie miteinander »werkelten« und weitestgehend autark waren, sind vorbei. Heute laufen alle Daten in einer oder mehreren „Zentralen“ zusammen. Jedes Gebäude ist ein komplexer Zusammenschluss von Netzwerk, IT, Computern, verschiedenen Steuerungen und: wenn die Hardware steht, muss auch die Software mit den entsprechenden Bussystemen miteinander verknüpft werden. Und hier gibt es auch die unterschiedlichsten Bussysteme wie ModBus, LON, ProfiBus, ProfiNet, KNX, DALI SMI, MP-Bus, M-Bus, enOcean und natürlich BACnet. Aber auch hier gilt: BACnet ist nicht gleich BACnet.
Weiterhin fordern heutige Gebäude entsprechende Energiestandard-Labels oder Sicherheitsstandards. Heutzutage ist es zum Beispiel möglich, was Sie aus einem modernen Film kennen. Ein unautorisierter Zugang zum Gebäude oder eines Bereichs lässt sofort die Farbe der Beleuchtung umschalten, die Überwachungskameras folgen dem Einbrecher und überwachen diesen mit Einsatz von Infrarot, Wärmebild etc., die Türen gehen in die entsprechende „Sicherheitsstellung“ und lassen sich nicht mehr öffnen, die Aufzüge fahren nicht mehr oder in das Evakuierungsgeschoss und die entsprechende Sprachalarmierung sagt all den anderen Menschen im Gebäude was zu tun ist. Das wäre es gewesen. Nur um dorthin zu kommen, gilt es eine große Anzahl an Schnittstellen zu koordinieren.
Lassen Sie es nicht soweit kommen
- Nehmen Sie sich einen Inbetriebnahmekoordinator oder Fachplaner Gebäudeautomation als neutrale Qualitätssicherung möglichst früh im Projekt hinzu. Wichtig ist, dass er bei einem gleichen oder ähnlichen Gebäudetyp das Inbetriebnahmemanagement oder die Integrale Planung durchgeführt hat und alle Schnittstellen und „Probleme“ kennt.
- Nehmen Sie sich für die Planung Zeit, denn die vermeintlich eingesparte Zeit durch eine schnelle Planung, brauchen Sie hinterher doppelt oder dreifach, wenn Sie nochmal umbauen müssen.
- Bauen Sie nicht, ohne dass Sie fertig geplant haben, sonst wird das SchnittstellenWirrwarr nur noch größer.
- Wenn dann das Kind, wegen der fortgeschrittenen Zeit schon in den Brunnen gefallen ist, holen Sie sich einen Inbetriebnahme oder Integrations-Experten, der dann das Schnittstellen-Wirrwarr entflechtet und ein funktionierendes Konzept erarbeitet.
Die einfachen Probleme fangen schon dort an, wo Kabelkanäle zu klein sind, die Einspeiseklemmen bei autarken Anlagen wie Kältemaschinen-Schaltschränken nicht passen oder auch die Einspeisung der Beleuchtung der Lüftungsanlage nicht koordiniert ist.
Fazit
Schnittstellen-Wirrwarr muss nicht sein – nehmen Sie sich einen Integrations- oder Inbetriebnahme-Experten, der weiß wie man Schnittstellen zusammen koordiniert. Lassen Sie es nicht darauf ankommen. Sorgen Sie vor. Lassen Sie uns darüber sprechen.
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